Arbeit bestimmte ihr Leben. Mit Fleiß und Tüchtigkeit brachte es Brigitte Bojte (58) beruflich weit, auch ohne Lehre. Diese hatte sie als junge Frau abgebrochen, weil sie schwanger geworden war. Die Feldkircherin zog zwei Kinder groß, ging aber trotzdem immer arbeiten: Zunächst war sie in einer Textilfabrik beschäftigt, später im Großhandel und dann in einer Diskontkette. Dort arbeitete sich Brigitte bis zur Filialleiterin hinauf. Zehn Jahre machte sie diesen Job. „Da wurde mir viel abverlangt.“ 50 bis 60 Arbeitsstunden pro Woche waren die Regel.
Irgendwann machte ihr Körper nicht mehr mit. Brigitte fühlte sich ausgebrannt und erkrankte an Krebs. Sie brauchte ein Jahr, um wieder auf die Beine zu kommen. „Dann war ich arbeitslos, mit 51 Jahren.“ Die darauffolgenden eineinhalb Jahre ohne Anstellung würde Brigitte am liebsten aus ihrem Leben streichen. Denn: „Ich bin kein Mensch, der nur daheim sein kann. Mir ist die Decke auf den Kopf gefallen.“
Die Tage seien lang ohne Arbeit. „Du fängst an zu grübeln und blöde Serien im Fernsehen anzuschauen.“ Oft ging sie in die Stadt, nur damit der Tag schneller vergeht. „Das war völlig sinnlos“, findet sie rückblickend. Brigitte suchte zwanghaft nach einer Beschäftigung. „Ich habe gebastelt und unzählige Socken gestrickt.“ Außerdem „verschlang“ sie Unmengen von Büchern und backte jeden Tag einen Kuchen. „Dabei war der alte noch gar nicht fertig aufgegessen.“ Dennoch hatte sie immer noch nicht das Gefühl, dass der Tag ausgefüllt war. Langeweile und extreme Existenzangst plagten sie. „Ich wusste nicht, wie es finanziell weitergeht und hatte Angst, dass ich vom Partner abhängig werde.“ Ihre finanzielle Unabhängigkeit war ihr immer ganz wichtig gewesen.
Selbstbewusstsein war im Keller
Die Arbeitslosigkeit verdunkelte Brigittes Gemüt. „Ich war unzufrieden und freudlos und fühlte mich nicht gebraucht. Ich hatte das Gefühl, dass ich nutzlos bin.“ Ihr Selbstbewusstsein war im Keller. „Ich habe mir nicht mehr viel zugetraut.“ Jetzt wurde Brigitte klar, warum sie immer gerne einer Arbeit nachgegangen war. „Arbeit gibt dir finanzielle Sicherheit, Anerkennung und Selbstsicherheit.“ Es ging psychisch erst wieder aufwärts mit ihr, als sie im Zuge des Caritas-Beschäftigungsprojekts „Carla“ bei „Carla Möbel“ arbeiten konnte. „Dort bin ich gebückt, verängstigt und unsicher hingekommen. Nach zehn Monaten aber bin ich aufrecht hinausgegangen.“ Denn Brigitte hatte eine Jobzusage in der Tasche, nicht zuletzt auch aufgrund der Bemühungen der Caritas. Zunächst arbeitete Brigitte bei der Post, später in Herberts Dorfmetzgerei in Meiningen. Dort ist die 58-Jährige seit zwei Jahren beschäftigt. „Es ist eine schöne Arbeit. Ich möchte bis zur Rente bleiben.“
Auch Manuela Weiß (39) ist froh, dass sie wieder zu den Arbeitenden gehört. „Es ist ein gutes Gefühl, nicht mehr von der Notstandshilfe abhängig zu sein.“ Die Hohenemserin arbeitet seit ein paar Wochen an der Kassa eines Supermarkts in Hohenems. Eigentlich hatte die dreifache Mutter nicht mehr daran geglaubt, dass sie sich auf dem ersten Arbeitsmarkt behaupten kann. Manuela absolvierte keine Lehre und war ein paar Jahre in die Fabrik arbeiten gegangen. Als die Kinder kamen, blieb sie zu Hause. „Ich bin dann aber auch eine Zeit lang putzen gegangen.“
Im September des Vorjahres begann die Notstandshilfebezieherin auf Verlangen des AMS vorübergehend bei „Carla Tex“ zu arbeiten. Zuerst war sie nicht begeistert von der Idee, in einem Kleidersortierwerk zu arbeiten. Aber als sie merkte, dass sie sich geschickt anstellte, begann ihr die Arbeit zu gefallen. Aber was noch wichtiger für sie war: Die Arbeit und ihr Jobcoach Jasmine Breitenberger vermittelten ihr Selbstbewusstsein.
„Man stellte fest, dass ich Fähigkeiten habe. Das erstaunte mich. Denn ich dachte immer, dass ich nichts kann.“
Eine schöne Abwechslung
Als sich bei Sutterlüty eine Chance auftat, wagte sie nach vier Monaten bei „Carla Tex“ den Schritt in den ersten Arbeitsmarkt. „Eigentlich wollte ich gar nicht an die Kassa, weil ich kein Mathe-Genie bin und ich es mir nicht zutraute.“ Doch zu ihrer Freude und Überraschung glückte der Sprung ins kalte Wasser. Als Kassierin fühlt sie sich eindeutig wohler denn als „Nur-Hausfrau“ und Notstandshilfebezieherin. „Der Job ist eine schöne Abwechslung. Man ist nicht immer daheim und verdient Geld.“